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In einer akuten Situation ist es mitunter nötig, dass Ärzte und Pfleger einen unter Betreuung stehenden Menschen zu dessen eigenem Schutz zwangsweise zur Heilbehandlung einweisen. Der Gesetzgeber hat eine solche Situation als "Unterbringung" definiert, über deren Genehmigung das Gericht entscheiden muss. Denkbar sind auch andere freiheitsbeschränkende Maßnahmen wie das Behandeln mit Psychopharmaka oder das Anbringen von Bettgittern (so genannte unterbringungsähnliche Maßnahmen).
Bevor drastische Maßnahmen ergriffen werden, sollten betreuende und pflegende Personen in jedem Einzelfall prüfen, ob es nicht Alternativen gibt. Der Betreuer oder die Betreuerin sollte sich einen persönlichen Eindruck verschaffen, sich mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin und den Pflegekräften beraten und nach Möglichkeiten suchen, die weniger eingreifend sind.
Der Betreuer oder die Betreuerin (bei vorliegender Vorsorgevollmacht: die bevollmächtigte Person) regt eine nötige Unterbringung beim Betreuungsgericht an. Gibt es weder einen Betreuer noch einen Bevollmächtigten, müssen Angehörige, Pfleger oder sonstige Dritte ein Verfahren zur Bestellung eines rechtlichen Betreuers anregen.
Ist die betreuende Person mit anderen Aufgabenkreisen betraut, sollte dieser von den nötigen Zwangsmaßnahmen informiert werden. Der Betreuer oder die Einrichtung regt dann beim Betreuungsgericht an, dass die Betreuung um Aufgaben zur Unterbringung erweitert wird.
Schnelles Handeln in Notsituation
Ist Eile geboten, können Betreuer oder Bevollmächtigte das Betreuungsgericht um eine einstweilige Anordnung ersuchen. Musste aus einer Notsituation heraus schon gehandelt werden, ist dies unverzüglich dem Betreuungsgericht mitzuteilen, welches die Unterbringung genehmigen muss.
Einstweilige Anordnung
Denkbar ist auch, dass das Betreuungsgericht ohne Wissen der Betreuenden oder Beauftragten eine einstweilige Unterbringung anordnen musste. Das Gericht muss deren Zustimmung dann im Nachgang so schnell wie möglich einholen.
Zuständigkeit
Voraussetzungen
- Gefahr, dass der Betroffene sich selbst gesundheitlichen Schaden zufügt oder im Extremfall gar zu töten droht oder
- Erfordernis einer medizinischen Untersuchung oder eines ärztlichen Eingriffs, die ohne Unterbringung nicht durchgeführt werden könnten und der Betreute kann auf Grund seiner psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln
Ablauf
Einleitung des Verfahrens
Die Anregung, eine Unterbringung zu genehmigen, trägt der rechtliche Betreuer dem zuständigen Gericht vor. Dafür steht in Amt24 ein Vordruck zur Verfügung.
Sollte keine Betreuung eingerichtet sein, regen Angehörige, Pfleger, Mitarbeiter sozialer Dienste oder andere Drittpersonen beim Betreuungsgericht an, dass eine rechtliche Betreuung eingerichtet wird.
Rechte der Betroffenen im Verfahren gewahrt
Unabhängig von der Geschäftsfähigkeit, gelten Betroffene in jedem Fall als verfahrensfähig, das heißt, sie selbst können Anträge stellen und Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen einlegen. Alle Entscheidungen des Betreuungsgericht sind ihnen bekannt zu geben.
Vertrauensperson als Verfahrenspfleger
Betroffene sind meist allerdings nicht in der Lage, während des Verfahrens ihre Interessen selbst wahrzunehmen. Das Betreuungsgericht stellt ihnen daher in aller Regel einen so genannten Verfahrenspfleger zur Seite.
Anhörung und Gutachten
Das Betreuungsgericht muss Betroffene persönlich anhören. Den unmittelbaren Eindruck verschafft sich der Richter meist schon in der Heileinrichtung – Zwangsmaßnahmen sind gewöhnlich so dringend, dass sie vom Betreuungsgericht vorläufig genehmigt wurden.
Im Verlaufe des Verfahrens hat das Gericht weitere Personen zu hören: Familienangehörige, eine Vertrauensperson, gegebenenfalls auch den Heimleiter der Einrichtung, in der die betroffene Person lebt.
Die Notwendigkeit von freiheitsentziehenden Maßnahmen muss sich das Gericht zudem durch ein ärztliches Gutachten nachweisen lassen. Der Sachverständige soll in der Regel Facharzt oder Fachärztin für Psychiatrie sein. Er oder sie muss die betroffene Person persönlich untersuchen oder befragen. Weigert sich diese, kann das Betreuungsgericht zur Erstattung des Gutachtens selbst eine Unterbringung von bis zu sechs Wochen anordnen (Verlängerung bis zu drei Monate möglich).
Entscheidung
Sind die nötigen Anhörungen und Ermittlungen abgeschlossen, trifft das Betreuungsgericht eine Entscheidung über die Genehmigung einer dauerhaften Unterbringung (oder vergleichbare Maßnahmen). Die Entscheidung darf höchstens für ein Jahr getroffen werden (in besonderen Fällen für zwei Jahre). Das Gericht hat den Beschluss stets zu befristen.
Vollzug
Die festgelegten Maßnahmen ordnen Betreuer oder Bevollmächtigte an und verantworten sie. Eine Pflicht zur Anwendung der Maßnahmen besteht nicht. Sind die Zwangsmaßnahmen aus medizinischer Sicht hinfällig, muss der Betroffene entlassen werden.
Die örtliche Betreuungsbehörde (zentrale Anlaufstelle für alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit rechtlichen Betreuungen) muss den Betreuer auf richterliche Anweisung hin unterstützen, die betroffene Person ins Krankenhaus zu bringen. Soweit das Gericht der Betreuungsbehörde das Anwenden von Gewalt gestattet, kann diese die Polizei um Amtshilfe bitten.
Notwendige Unterlagen:
- Antrag auf Genehmigung einer Unterbringung durch Betreuer oder Bevollmächtigte
-
Ärztliches Zeugnis (Sachverständigengutachten) mit folgenden Aussagen:
- Gesundheitszustand
- Anlass der Maßnahme, fehlende und unternommene Alternativen
- Art und Dauer der Maßnahme
Bearbeitungsfristen:
Die nachträgliche Genehmigung einer Unterbringung ist in der Regel innerhalb von zwei Tagen beim Betreuungsgericht einzuholen.
Folgende Bearbeitungsgebühren/Kosten entstehen:
In Unterbringungssachen fallen keine Gerichtsgebühren an, Auslagen stellt das nur in sehr eingeschränktem Umfang in Rechnung. Bei Ablehnung des Antrags kann das Gericht unter Umständen außergerichtliche Kosten (Beispiel: Anwaltskosten) auferlegen.
Sonstiges
Einstweilige Anordnung
Das beschriebene Verfahren erfordert umfassende Ermittlungen und dauert meist einige Wochen. Im Notfall kann das Gericht per einstweiliger Anordnung die vorläufige Unterbringung verfügen.
Rechtsmittel
Gegen die Entscheidungen des Betreuungsgerichts kann Beschwerde eingelegt werden. Über die Beschwerde entscheidet das Landgericht. Gegen die Entscheidung ist die Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht möglich.
Beachten Sie bitte nachfolgend aufgeführte Rechtsvorschriften:
- §§ 312 ff. Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) – Verfahren in Unterbringungssachen
- §§ 1896 ff., § 1906 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – rechtliche Betreuung, Unterbringung
- § 1846 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – einstweilige Verfügung
Freigabevermerk
Sächsisches Staatsministerium der Justiz. 16.12.2014