Lebenslagen-> Erwachsen werden-> Schutzanordnungen beantragen
Seit Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes am 01.01.2002 können Opfer von Nachstellungen (Stalking) und Opfer von Gewalttaten zivilrechtliche Anordnungen zum Schutz vor dem Täter oder der Täterin beantragen.
Das Gericht kann dem Täter oder der Täterin verbieten
- die Wohnung der verletzten Person zu betreten,
- sich der Wohnung des Opfers bis auf einen vom Gericht festgesetzten Umkreis zu nähern,
- sich an Orten aufzuhalten, an denen sich das Opfer regelmäßig aufhält (zum Beispiel Arbeitsplatz des Opfers, Kindergarten, Schule der Kinder des Opfers, Freizeiteinrichtungen, Wohnungen von Verwandten),
- Kontakt zur verletzten Person aufzunehmen (auch Telefon, Telefax, Briefe, E-Mails),
- Zusammentreffen mit dem Opfer herbeizuführen. Falls es zu einem zufälligen oder herbeigeführten Zusammentreffen kommt, so muss sich der Täter oder die Täterin umgehend entfernen.
Je nach Fall kann das Gericht weitere Schutzanordnungen festlegen. Auch wenn Sie Opfer einer Straftat im Rahmen von häuslicher Gewalt geworden sind, können Sie zivilrechtliche Schutzanordnungen beantragen.
Zuständigkeit
Voraussetzungen
Vorliegen muss ein Fall
- von Gewaltandrohung oder -anwendung,
- von Nachstellungen (Stalking),
- von unzumutbaren Belästigungen oder
- des Eindringens in die Wohnung oder auf das Grundstück des Opfers.
Dabei spielt keine Rolle, ob die Beteiligten miteinander verheiratet sind oder einen gemeinsamen Haushalt führen.
Ablauf
Für Verfahren am Amtsgericht besteht keine Anwaltspflicht, in schwierigen Fällen empfiehlt es sich jedoch, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.
Bei der Antragstellung und während des Verfahrens erhalten Betroffene auf Wunsch auch außergerichtlich Hilfe und Unterstützung.
- Hilfen und Unterstützung
Antragstellung
Das Verfahren beginnt mit der Antragstellung durch das Opfer beim Familiengericht.
- Betroffene reichen die erforderlichen Anträge schriftlich ein oder geben diese bei der Antragsstelle des zuständigen Gerichts zu Protokoll.
-
Antragsvordrucke stehen unter anderem im Internet als Online-Formulare zur Verfügung.
- Erforderliche Unterlagen
Bei nur geringem Einkommen ist zu empfehlen, Beratungshilfe und / oder Verfahrenskostenhilfe zu beantragen.
Verhandlung
Nach Antragstellung wird im Regelfall eine mündliche Verhandlung unter Vorsitz eines Richters angesetzt, der nach Anhörung der Argumente jeder Partei über den Antrag entscheidet.
Notwendige Unterlagen:
Schriftlicher Schutzantrag, abrufbar auf den Internetseiten der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen BIG e.V.
Bearbeitungsfristen:
Für alle Anordnungen gelten bestimmte Fristen, die das Gericht festlegt. Die Frist kann auf Antrag des Opfers verlängert werden.
Folgende Bearbeitungsgebühren/Kosten entstehen:
- Für Entscheidungen nach dem Gewaltschutzgesetz wird eine Gebühr erhoben. Zahlungspflichtig ist der Beteiligte, den das Gericht nach freiem Ermessen bestimmt.
- Das Gericht kann auch anordnen, dass von der Kostenerhebung abzusehen ist.
- Für Einstweilige Anordnungen im Rahmen einer Ehesache werden keine Gebühren erhoben.
Sonstiges
Schutz der Kinder
Hat das Gericht auf Ihren Antrag hin Schutzanordnungen für Opfer von häuslicher Gewalt beschlossen, so sollten Sie deren Auswirkungen auf gemeinsame Kinder berücksichtigen. Bedenken Sie insbesondere, ob zum Wohl der Kinder das Umgangs-, Sorgerecht und das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Täters oder der Täterin eingeschränkt werden muss.
Hilfen und Unterstützung
Wenn Sie ein Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, so kann Ihnen bei der Antragstellung die "Koordinierungs- und Interventionsstelle häusliche Gewalt" beratend zur Seite stehen. Diese Institution wird mit Ihnen in Kontakt treten, sobald Sie Anzeige gegen den Täter oder die Täterin erstattet haben, vorausgesetzt, Sie wünschen dies.
Die Adresse der zuständigen Koordinierungs- und Beratungsstelle in Sachsen finden Sie auf einer Übersicht im Internet:
- Standortverteilung von Schutz- und Beratungseinrichtungen bei häuslicher Gewalt
Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz
Bei der Antragstellung und im Gerichtsverfahren können Ihnen auch Mitarbeiter von Frauen- und Jugendeinrichtungen beistehen.
Als Opfer eine Straftat mit Gewaltanwendung oder -androhung oder als Stalkingopfer können Sie sich an die Opferhilfe Sachsen e. V. oder an den Weißen Ring e. V. wenden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Vereine beraten Kriminalitätsopfer, helfen im Umgang mit den Behörden, auch mit dem Gericht und begleiten Sie auch zu Gerichtsterminen, wenn Sie dies wünschen.
Beachten Sie bitte nachfolgend aufgeführte Rechtsvorschriften:
- Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen (Gewaltschutzgesetz – GewSchG)
- §§ 210 ff. Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) – Verfahren in Gewaltschutzsachen
- § 81 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) – Kosten
Freigabevermerk
Sächsisches Staatsministerium der Justiz. 16.12.2014